Sanierung des Allacher Tunnels

Droht uns in Karlsfeld ein jahrelanger Dauerstau?

 

Die Regierung von Oberbayern hat am 22.04.2024 den Planfeststellungsbeschluss veröffentlicht. Damit besteht für die Sanierung des Allacher Tunnels Baurecht und Karlsfeld steht im Verkehr eine große Herausforderung bevor. Die Tunnelsanierung wird vor allem in der zweiten Bauphase ab 2030 viel Verkehr ins Umland und so auch nach Karlsfeld abdrängen.

 

Die A 99 ist ein Teil des Münchner Nordrings und zählt zu den wichtigsten und am stärksten beanspruchten Straßen im südbayerischen Autobahnnetz. Im rund sieben Kilometer langen Abschnitt der A 99 zwischen den Autobahndreiecken München-Allach und München-Feldmoching, westlich der Anschlussstelle München-Ludwigsfeld, liegt der in den 1990er Jahren erbaute Allacher Tunnel. Rund 132.000 Fahrzeuge befahren den Tunnel täglich, zu Spitzenzeiten sind es bis zu 10.000 Fahrzeuge pro Stunde. Die Leistungsfähigkeit des Allacher Tunnels ist damit schon heute mit der Folge von täglichen Staus überschritten.

 

Die Autobahn Südbayern plant die Sanierung des Allacher Tunnels auf der A 99. Aktuell werden die Sanierung des Tunnels Allach sowie umfangreiche Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrsflusses geplant. Die Bauzeit wird sich insgesamt auf etwa acht Jahre belaufen – davon vier bis fünf Jahre für die notwendige Sanierung innerhalb des Tunnels. Der Tunnel ist aktuell sicher. Durch die hohe Inanspruchnahme des Verkehrs in fast drei Jahrzehnten ununterbrochenen Betriebs zu Sanierungsbeginn ist die Sanierung dann aber bautechnisch dringend notwendig. Die Autobahn GmbH muss die Tunnelwände instandsetzen, die Entwässerungsanlagen vollständig erneuern und neue Betriebstechnik (Beleuchtung, Lüftung, Verkehrsführung, Brandschutz) installieren. Weiterhin wird eine temporäre Seitenstreifenfreigabe (TSF) zwischen den Dreiecken München-Allach und München- Feldmoching errichtet. Mit der TSF kann dann in den Spitzenstunden des Verkehrs in jeder Fahrtrichtung zusätzlich der Seitenstreifen als vierte Fahrspur für den Verkehr freigegeben werden. Auf der Strecke und im Tunnel werden dafür moderne Überwachungs- und Signaltechnik installiert. Da der Platz im Tunnel aber begrenzt ist, muss ein Teil der Betriebstechnik auf die Tunneloberfläche verlegt werden.

 

Die wohl größte Herausforderung für das Projekt stellt der Verkehr während der Tunnelsanierung dar, da der Tunnel Allach und der Münchner Nordring nicht ohne Weiteres für den Verkehr gesperrt werden können. Die Planungen sehen vor, während der fünf Jahre Bauzeit ab 2030 im Tunnel beide Röhren nacheinander zu sanieren und auszubauen. In den Jahren 2027 bis 2030 wird die Tunneltechnik vorweg auf das Tunneldach verlegt – weitgehend ohne größere Beeinträchtigungen des Fahrzeugverkehrs.

 

Die A 99 kann damit ohne Unterbrechung auf mindestens zwei Fahrspuren in jeder Fahrtrichtung für den Verkehr offenbleiben. So lässt sich die kürzeste Bauzeit erreichen und gleichzeitig die Sicherheit der Bauarbeiten und aller Verkehrsteilnehmer gewährleisten. Denn: Würden während der Bauphase 2 weiterhin Autos durch beide Röhren fahren, wäre über viele Jahre eine Wanderbaustelle im Tunnel notwendig, für die die Verkehrsführung, die Sicherheitssysteme und die Fluchtwege immer wieder umgebaut werden müssten. Das dauert länger, bringt erhebliche Probleme für das Rettungskonzept mit sich und auch bei dieser Bauplanung müsste eine der Röhren immer wieder gesperrt werden.

 

Und was heißt das nun für die Gemeinde Karlsfeld?

 

Die Graphik zeigt deutlich, dass insbesondere zu den Verkehrsspitzen am Morgen und Abend gut 60.000 Fahrzeuge jenseits der Kapazität im Tunnel Allach im Stau stehen oder einen alternativen Weg um den Tunnel herum befahren.

 

Schon jetzt entsteht regelmäßig am Morgen (Richtung Osten) und am Abend (Richtung Westen) langer Stau. Dieser Stau wird über die fünf Jahre der Sanierung dann zu einem verkehrlichen Problem in Karlsfeld. Die Sanierung des Allacher Tunnels ist erforderlich und auch die Sperrung jeweils einer Röhre des Tunnels plausibel begründet. Ohne die Sanierung müsste der Tunnel in absehbarer Zeit gesperrt werden, da er die erforderliche Sicherheit nicht mehr bieten könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass sich direkt an der Anschlussstelle Ludwigsfeld die Großfirmen MAN und MTU befinden, sodass viele Pendler alternative Fahrstrecken – ohne Autobahn – befahren werden müssen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen. Darüber hinaus wird der Allacher Tunnel temporär immer wieder in verschiedenen Nächten total gesperrt werden müssen. Damit droht der Gemeinde, dass vor allem der Schwerlastverkehr an der Anschlussstelle Ludwigsfeld auf die B304 ausgeleitet wird und durch Karlsfeld zur B471 fährt. Der Karlsfelder Westen wird durch die Eversbuschstraße und Pendler durchs Moos als vermeintliche Entlastungsstrecke erheblich belastet werden. Auch eine Entlastung über die 2. Stammstrecke als ÖPNV-Option für Pendler ist nun leider keine Option mehr.

 

Der Gemeinde Karlsfeld ist es ein großes Anliegen, die Wohnqualität aller Karlsfelderinnen und Karlsfelder und die Mobilität der Anwohner innerhalb Karlsfelds zu sichern. Die Gemeinde steht seit Februar 2021 mit der Autobahn Südbayern in engem Austausch und konnte in Person des Bürgermeisters und des Verkehrsreferenten ein gutes Stück Überzeugungsarbeit leisten, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Die Gemeinde Karlsfeld hat im Rahmen des Anhörungsverfahrens gegenüber der Regierung von Oberbayern eingewandt, dass die Fertigstellung des Ausbaus der Anschlussstellen Dachau und Oberschleißheim sowie der dreispurige Ausbau der A92 vor Beginn der Tunnelsanierung angeschlossen sein muss. Die Gemeinde hatte darüber hinaus gefordert, dass es keinen unkoordinierten Ausweichverkehr geben dürfe und ein entsprechendes Verkehrskonzept erforderlich ist. Dies war anfänglich von Seiten der Autobahn mangels erkennbarer Umleitungsalternativen verworfen worden.

 

Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern

Die Gemeinde wurde im Februar 2021 im Rahmen der Anhörungsphase des Planfeststellungsverfahrens beinahe zufällig auf die geplante Tunnelsanierung aufmerksam. Obwohl direkt betroffen, war die Gemeinde Karlsfeld von der Regierung von Oberbayern nicht im Planfeststellungsverfahren beteiligt worden. Die Gemeinde Karlsfeld hat trotz allem eine umfangreiche Stellungnahme fristgerecht abgegeben. Diese Einwendungen sind nun bearbeitet und wurden im Planfeststellungsbeschluss seitens der Regierung abgewogen. Im Wesentlichen war seitens der Regierung verworfen worden, dass im Planfeststellungsbeschluss eine Verpflichtung zur rechtzeitigen Erstellung der Ausbaumaßnahmen an der B471, den Anschlussstellen Dachau und Oberschleißheim sowie der A92 zu beauflagen. Da die gesonderten Planfeststellungsverfahren dieser ergänzenden Maßnahmen noch laufen, sollte eine denkbare Verzögerung nicht riskiert werden. Dazu hatte die Gemeinde gefordert, ein Verkehrsumfahrungskonzept zu beauflagen, das wurde mit Hinweis auf die rechnerisch geringe Zusatzbelastung der B304 mit 2.700 Kfz in 24 Stunden abgelehnt. Leider geht der Planfeststellungsbeschluss mit seinem zugrundeliegenden Verkehrsgutachten von völlig veralteten Kraftfahrzeugzahlen in Karlsfeld aus. Der gemeindliche Verkehrsentwicklungsplan war mit eingereicht worden, wurde aber nicht berücksichtigt.  

 

Bewertung des nun vorliegenden Planfeststellungsbeschlusses

 

In der Gemeinderatssitzung vom 16. Mai 2024 stellte der gemeindliche Rechtsbeistand Herr Reitberger seine juristische Prüfung dem Gemeinderat vor. Herr Reitberger empfahl, keine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zu erheben, da relativ schlechte Erfolgsaussichten bestanden. Die Gemeinde ist als Gebietskörperschaft zum Beispiel dann betroffen, wenn gemeindeverfassungsrechtlich geschützte Planungshoheiten oder andere Aufgaben beeinträchtigt werden. Eine Lärmemission oder Verkehrsbelastungen betreffen zwar die Bürger der Gemeinde, jedoch nicht juristisch die Gebietskörperschaft. Das heißt, klagen müsste ein betroffener Anwohner mit auch hier schwierigen Aussichten. Dazu war der Dialog mit der Autobahn GmbH soweit fortgeschritten, dass direkt zur Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses eine interdisziplinäre Projektgruppe zur Erarbeitung des von uns eigentlich als Auflage gewünschten Verkehrsmanagementkonzeptes einberufen wurde. Diese Zusage wurde von der Autobahn GmbH auch der Regierung rechtzeitig mitgeteilt und findet deshalb eine entsprechende Erwähnung im Beschluss. Die Gemeinde Karlsfeld ist in der Projektgruppe vertreten, somit ist die Forderung auch ohne einer Beauflagung im Planfeststellungsbeschluss erfüllt worden. Die Autobahn GmbH sieht auch ohne Fixierung im Planfeststellungsbeschluss die rechtzeitige Errichtung einer leistungsfähigen Ausweichroute über die B471 und den Anschlussstellen an die A8/A92 als unabdingbar an, so dass es hier ebenfalls aufgrund Konsenses auf der Planungsebene keiner Klage bedarf. Dieser Einschätzung konnte sich dann eine große Mehrheit des Gemeinderates anschließen.

 

Gründung eines interdisziplinären Projektteams „Management der verkehrlichen Auswirkungen“

 

Eine Abwendung des Verkehrskollapses sollen viele kleine Stellschrauben im motorisierten Individualverkehr (MIV), Optimierungen im öffentlichen Verkehr und ein Beispiel einer Einzelmaßnahme einer Mobilitätsstation am Langwieder See ermöglichen. Der überörtliche und überregionale Reiseverkehr soll München während der Bauzeit großräumig umfahren und möglichst andere Strecken in Richtung Süden nutzen. Die Sanierungsarbeiten am Tunnel werden über fünf Jahre hinweg massive Staus, sowohl auf der Autobahn als auch auf den Ausweichstrecken, verursachen. Die Autobahn Südbayern GmbH beschönigt daran nichts. Es gibt eine Reihe von Ansätzen und Ideen. Dazu werden viele Kompromisse nötig und Einschränkungen unvermeidlich werden. Es werden viele Ideen geprüft von mehr Homeoffice bis zur Verschiebung von Schichtzeiten großer Unternehmen. Ein wesentliches Ziel muss es sein, den Schwerverkehr auf der Autobahn zu halten.

 

Dazu hat sich eine interdisziplinäre Projektgruppe bestehend aus betroffenen Firmen, Bahn, Gemeinden, Landkreise, Stadt München und Behörden erstmals am 2. Mai 2024 getroffen, um ein Verkehrsmodell mit Unterstützung von verkehrlichen Gutachtern und Fachplanern zu schaffen. Mit diesem Management der verkehrlichen Auswirkungen wollen wir gemeinsam das Unmögliche schaffen und eine gezielte Lenkung und eine Vermeidung von Verkehrsströmen erreichen. Der Landkreis Dachau und die Gemeinde Karlsfeld sind mit festen Plätzen in dieser Projektgruppe vertreten. Der Karlsfelder Verkehrsreferent Bernd Wanka wird sich hier auch persönlich engagieren, die schwierige Zeit für Karlsfeld so belastungsarm wie nur möglich zu überstehen. Die für die Gemeinde Karlsfeld kritische Zeit wird ab dem Jahr 2030 für etwa fünf Jahre andauern.

 

Weitere Gefahren für den Verkehr in Karlsfeld

Ausbau A99 West Planfeststellungsverfahren

 

Nicht nur der Allacher Tunnel der A99 ist überlastet, sondern auch der weitere Autobahnring Richtung Westen. Die A99 ist eine der am stärksten belasteten Autobahnabschnitte in Bayern. Im Münchner Westen verbindet die 2006 freigegebene A99 das Autobahndreieck München Südwest mit dem Autobahnkreuz München-West. Aufgrund der hohen Verkehrsbelastung der Strecke plant die Autobahn GmbH des Bundes, Niederlassung Südbayern (Autobahn Südbayern) den Ausbau in diesem Abschnitt von zwei auf drei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung. Dieser sechsspurige Ausbau ist im aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplans 2030 als vordringlich zur Engpassbeseitung eingestuft. Auch diese Baumaßnahme steht an, hier ist allerdings noch kein Zeitplan verfügbar.

 

Ausbau A92 Planfeststellungsverfahren mit Ausbau AS Dachau und AS Oberschleißheim

Das Planfeststellungsverfahren läuft noch für den Ausbau der A92 und der Anschlussstelle Oberschleißheim. Näheres auf der Homepage der Autobahn (siehe Infobox). Die Abbiegespur von der A8 auf die B471 berührt ein FFH-Gebiet und ist deshalb ebenfalls noch im Verfahren. Dafür läuft der Aus- und Umbau der Bahnunterführung in der Dachauer Straße seit Januar, so dass dieses Nadelöhr zumindest bis zum Beginn der Bauarbeiten am Allacher Tunnel im Jahr 2030 abgeschlossen sein wird.

 

DB-Terminal Umschlag des Kombinierten Verkehrs (KV) am Rangierbahnhof München Nord – S-Bahn-Nordring

 

Die Deutsche Bahn plant im Rahmen des Bahnausbaus München ein neues Umschlagterminal für kombinierte Verkehre (KV) im Bereich des Allacher Rangierbahnhofes und den Ausbau für den geplanten S-Bahn-Nordring. Die Planung läuft auch hier (näheres auf der Homepage der DB – siehe Infobox).

 

Fazit

 

Die Gemeinde Karlsfeld wird konstruktiv und aktiv an einem belastbaren Verkehrskonzept zur Sanierung des Allacher Tunnels für Karlsfeld, Allach und die Umgebung arbeiten, denn die chaotischen Verhältnisse nach der Sperrung der Rahmedetalbrücke der A45 in Lüdenscheid in den letzten zwei Jahren sollen in Karlsfeld in jedem Fall vermieden werden. Die Bürger Karlsfelds müssen sich auf eine Durchführung der Baumaßnahme verlassen können, ohne Verkehrschaos, stetige Abgase und Lärm. Gesunde Wohnverhältnisse, besonders an der Münchner Straße, der Bajuwaren- und der Bayernwerkstraße sind eine große Priorität. Besondere verkehrslenkende Maßnahmen mit Durchfahrtsverboten wie in Österreich oder im Inntal zum Schutz der Bevölkerung dürfen als Nothilfe in extremen Belastungssituationen kein Tabu sein. In Lüdenscheid war dies nun auch möglich, warum nicht gleich ordentlich als Ultima Ratio-Option in einem Eskalationsstufenmodell einplanen.

 

„Ich werde zum Jahreswechsel 2024/25 über das Ergebnis dieser interdisziplinären Projektgruppe wieder berichten. Wir haben noch gut fünf Jahre Zeit, ein ordentliches Konzept zu erarbeiten. Haben Sie Fragen, dann können Sie mich gerne erreichen.“, so Verkehrsreferent Bernd Wanka.

 

 

Weiterführende Informationen finden Sie hier:

www.tunnel-allach.de

www.a99-west.de

www.autobahn.de/suedbayern/planfeststellungsverfahren/laufende-planfeststellungsverfahren/a92-ad-muenchen-feldmoching-ak-neufahrn

www.regierung.oberbayern.bayern.de/mam/dokumente/bereich3/pfb/beschluss_a_99_-_sanierung_tunnel_allach_und_tsf_m__u-schrift_siegel.pdf

www.bahnausbau-muenchen.de

Erreichbarkeit Verkehrsreferent : Bernd Wanka (wanka@csu-karlsfeld.de)

 

 

Grafik: Autobahn Südbayern GmbH