Gedenken an den Todesmarsch der KZ-Häftlinge am 26. April

(KA) Am 26. April 2001 wurde in der Allacher Straße in Karlsfeld das von Hubertus von Pilgrim gestaltete Todesmarsch-Mahnmal eingeweiht - eines von 22 Mahnmalen, das an den Todesmarsch der Dachauer KZ-Häftlinge kurz vor Kriegsende erinnert. Das Mahnmal steht mittlerweile seit 22 Jahren von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet an seinem Platz. Das wollte der zweite Bürgermeister Stefan Handl ändern und organisierte ein Gedenken an die Opfer.

 

„Ich habe bei der Gedenkfeier am 9. November 2022 anlässlich der Reichsprogromnacht auf diesen Umstand hingewiesen. Der Jahrestag des Todesmarsches am 26. April ist eine passende Gelegenheit, um das Mahnmal aus seinem Schattendasein zu befreien“. Am 26. April 2023 kamen schließlich der zweite Bürgermeister Stefan Handl, Sabine Mühlich gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Mittelschule Karlsfeld, die kürzlich die KZ-Gedenkstätte in Dachau besucht haben, einige Mitglieder des Karlsfelder Gemeinderates, des Helferkreises sowie Gabriele Eggerz vom Verein jadbjad gemeinsam mit Rabbiner Baruch ben Mordechai zusammen, um zu gedenken.

 

Vor dem Rathaus führte Stefan Handl in das Thema ein, erklärte anschaulich den historischen Hintergrund und fand Parallelen zu heute: Es war genauso ein kalter und nasser Tag Ende April 1945, das Dritte Reich stand kurz vor dem Untergang. In dem „Durcheinander“ haben die Schergen des Nazi-Regimes immer noch ihre grauenhaften Taten weitergetrieben und rund 7.000 KZ-Häftlinge abends in der Dunkelheit, um nicht entdeckt zu werden, auf einen Todesmarsch in die Alpen geschickt, der auch durch das damals noch kleine Bauerndorf Karlsfeld führte.

 

So wurden die Verbrechen „mitten durch die Gesellschaft“ getragen, denn alle konnten das Leid jetzt vor ihrer Haustüre sehen und erleben. „Den Einwohnern bot sich ein schreckenerregender Anblick von ausgemergelten Gestalten, in schäbiger gestreifter Häftlingskleidung mit Holzschuhen auf dem Pflaster klappernd“, wie ein Zeitzeuge in der Chronik „200 Jahre Karlsfeld“ berichtet.

 

Beinahe wären diese Ereignisse in Vergessenheit geraten, hätte nicht ein Schüler in den 80er Jahren eine Facharbeit zu diesem Thema geschrieben und somit die Aufmerksamkeit darauf gelenkt. Durch das Engagement des damaligen Gautinger Bürgermeisters Knobloch wurden 22 Skulpturen auf der gesamten Marschstrecke aufgestellt, eine davon in Karlsfeld in der Allacher Straße.

 

Emotional waren für alle die Passagen aus der Chronik „200 Jahre Karlsfeld“, aus der Stefan Handl vorlas, bevor alle dann gemeinsam ein kleines Stück des Weges der Häftlinge über die Münchner Straße bis zur Allacher Straße schritten. Der Todesmarsch, bei dem viele aufgrund von Erschöpfung ihr Leben verloren, ging von Dachau bis nach Wolfratshausen. Nach Niederlegung eines Kranzes durch den zweiten Bürgermeister Stefan Handl wurde vor Ort an die Opfer gedacht. Sabine Mühlich forderte alle auf, sich Zeit zu nehmen, die einzelnen Körper anzusehen und mit einer Person in Kontakt zu treten. Sabine Mühlich sowie die Schülerinnen und Schüler lasen ihre Gedanken und Fragen vor und erwiesen den Menschen ihre Ehre. „Wie denken an die Menschen, die damals so viele Ängste, Sehnsüchte, zerstörte Träume und Ungewissheit hatten“, so Sabine Mühlich.

 

Gabriele Eggerz vom Verein jadbjad erinnerte daran, dass sehr viele Juden unter den Häftlingen waren. „Erinnern ist die Freiheit in der Zukunft, damit sich das nicht wiederholt“, so Gabriele Eggerz. Rührend die Geschichte des Josef B., der als Jugendlicher den Todesmarsch überlebt hat. Er nahm mit dem Verein Jadbjad Kontakt auf und besuchte die Haussynagoge. „Er brach in Tränen aus, als er das Mahnmal sah, denn genau an dieser Stelle ist er auch vorbeigezogen“, berichtete sie.

 

Rabbiner Baruch ben Mordechai Kogan sprach zum Abschluss ein Gebet und Stefan Handl mahnte nochmals: „Wir alle tragen keine Schuld an den damaligen Gräueltaten, aber wir haben es in der Hand, wie wir in Karlsfeld in der Gegenwart und Zukunft miteinander umgehen und was die Opfer uns mitgeben können“. Zukünftig soll es jedes Jahr am 26. April eine Gedenkfeier mit einer Klasse einer weiterführenden Schule in Karlsfeld geben.

 

 

 

Foto: KA