An Maria - Mitte der Nacht: Ersatz-ABO-Veranstaltung begeisterte das Publikum

(KA) Die Karlsfelder ABO-Saison 2019/2020 konnte nun nach mehrfachen Verschiebungen mit dem Stück „An Maria – Mitte der Nacht“ beendet werden. Ursprünglich war für den 21. Oktober 2021 die Konzertgala „An den Mond“ geplant, doch diese musste aufgrund mehrerer Corona-Fälle im Orchester durch die nicht weniger beeindruckende Ballettaufführung des Sorbischen National-Ensembles kurzfristig ersetzt werden.

 

Das Tanztheater mit Musik des in Ostböhmen geborenen Bohuslav Martinu bestach durch ausdrucksstarke Tanzeinlagen und Charaktere. Mit der Inszenierung erinnerte das Sorbische National-Ensemble an die im Konzentrationslager Ravensbrück verstorbenen Lehrerin, Journalistin und Philosophin Dr. Maria Grollmuß. Eine starke künstlerische Leistung, für die das Ensemble tosenden Applaus erhielt. Insbesondere die Hauptdarstellerin Ohara Clementi, die Marias Schwester verkörpernde und gleichsam als Alter Ego der Protagonistin agierende Elevin des SNE Lea Schäfer sowie der solistisch singende Bariton Jae-Hyung Cho verdienten sich die Anerkennung des Publikums.

 

Das Stück stammt aus der Feder von Wilfried Buchholz, der unter anderem Judaistik studierte, und ist das Ergebnis eines über anderthalb Jahre in Anspruch nehmenden Entwicklungsprozesses. Nach intensiver Recherche und anhand der Briefe von Maria Großmuß an ihre Schwester schuf er das Libretto, wobei er sich die künstlerische Freiheit nahm, nicht nur zu zitieren, sondern vor allem auch das hervorzuheben, was nicht geschrieben steht. Des Weiteren hatte er noch die Funktionen des Dramaturgen sowie des Ausstatters inne. Die in Italien geborene Leiterin des SNE-Balletts Mia Faccinelli übernahm die Choreographie.

 

Die klassisch konzipierte Inszenierung bildete auf verschiedenen, stetig wechselnden Ebenen das Leben Maria Großmuß‘ von der Zeit des massiv aufstrebenden Nationalsozialismus bis zu ihrer Ermordung ab. Jede Szene wurde von einem von der deutsch-sorbischen Schauspielerin Gabriela Maria Schmeide eingelesenen Text eröffnet. Das moderne Ballett mit sorbischen Musikstücken setzte die Worte parallel szenisch um rief die Besucher zum Nachdenken auf.

 

Die sozialistische Widerstandskämpferin gegen das NS-Regime ist vor allem in der Gegend um Bautzen, wo auch das Sorbische National-Ensemble seinen Sitz hat, den Menschen ein Begriff. In der DDR wurde Maria Grollmuß als sorbische Antifaschistin und Widerstandskämpferin geehrt. Straßennamen in Bautzen, Hoyerswerda, Leipzig und mehreren Lausitzer Gemeinden, darunter Radibor, erinnern an Grollmuß. In Schleife und Radibor sind Grund- und Oberschule nach ihr benannt. Vor der Schule befindet sich zudem ein Grollmuß-Denkmal, das seit April 2021 zu den Frauenorten in Sachsen gehört. Mit diesem Stück des Sorbischen National-Ensembles wurde Maria Grollmuß ein Ehrenabend geschenkt, der die Besucher berührt in die Nacht entließ. Geistige Klarheit und Hoffnung, Kunst und Geist im gemeinsamen Tanz gegen das Vergessen – schöner kann man heute Maria Großmuß wohl nicht gedenken.

 

 

Foto: KA